DIE SCHATTENSEITEN DER SACHKUNDEPRÜFUNG NACH § 34A DER GEWERBEORDNUNG

von Ronja Meggers

Wer kennt sie nicht, die Sachkundeprüfung nach § 34a der Gewerbeordnung? Die Qualifikation, die von vielen Kunden, Ordnungsämtern und vor allem von unseren Genehmigungsbehörden gefordert wird. Das Qualitätsmerkmal für besseres und fachkundiges Sicherheitspersonal. Oftmals gilt der Einsatz von nur sachkundigem Personal als Voraussetzung zur Genehmigung von Veranstaltungen. Ist die Sachkunde denn wirklich ein Qualitätsmerkmal und können wir diese als Qualitätsstandard festhalten? Gibt es alternative Lösungsansätze unabhängig von der Sachkundeprüfung?

Die Sachkundeprüfung wurde 2003 von unseren Gesetzgebern eingeführt und gilt seither als Qualitätsmerkmal für Sicherheitsmitarbeiter. Sie dient außerdem zur Überprüfung und Kontrolle der Sicherheitsunternehmen und deren Mitarbeitern.

Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Sie beinhaltet unter Anderem Themen wie Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Gewerberecht, Datenschutzrecht und Grundzüge der Sicherheitstechnik.

In der Gewerbeordnung § 34a Bewachungsgewerbe; Verordnungsermächtigung ist festgelegt, für welche Tätigkeiten die Sachkundeprüfung erforderlich ist.

Kontrolle im öffentlichen Verkehrsraum oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr.
Schutz vor Ladendieben.
Bewachungen im Einlassbereich von gastgewerblichen Diskotheken.
Bewachungen von Aufnahmeeinrichtungen in leitender Funktion.
Bewachungen von zugangsgeschützten Großveranstaltungen in leitender Funktion.

Kompetenz

Alle Sicherheitsmitarbeiter die oben genannte Tätigkeiten ausführen wollen, oder vom Arbeitgeber für diese eingeplant wurden, müssen die Sachkundeprüfung nach 
§ 34a der Gewerbeordnung vorweisen. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass jeder Mitarbeiter durch die Prüfung befähigt ist, diese Tätigkeiten fachgerecht und qualifiziert auszuüben. Nicht nur die genannten Tätigkeiten, sondern alle Tätigkeiten in den verschiedenen Bereichen des Sicherheitsgewerbes dürfen mit der Sachkunde ausgeübt werden.

Jeder kann sich für die Prüfung bei der Handelskammer anmelden und diese dort ablegen. Kostenpunkt, rund 150,00 Euro. Wird die Sachkundeprüfung bestanden, darf die Person, wie schon erwähnt, in allen Bereichen des Sicherheitsgewerbes arbeiten und somit alle Tätigkeiten eines Sicherheitsmitarbeiters ausführen. Der Nachweis über die abgelegte Prüfung gilt lebenslänglich.

Um sich dieses absurde Konstrukt zu verdeutlichen, nehmen wir einen großen Kochtopf und werfen alle Zutaten des Sicherheitsgewerbes wie Diskothekenbewachung, Veranstaltungsschutz, Aufnahmeeinrichtungen, Objektschutz, Revierfahrten und Detektivdienste in diesen Topf. Würzen wir dies noch mit den unterschiedlichen Aufgaben und Tätigkeiten dieser Bereiche. Das Ganze kräftig umrühren, es entsteht ein nicht ausgereiftes und nicht wirklich appetitanregendes Gericht, die Sachkundeprüfung.

Der zukünftige Sicherheitsmitarbeiter hat zwar keinerlei Praxiserfahrung gewonnen, keinerlei Erkenntnisse über die verschiedenen Arbeitsbereiche des Sicherheitsdienstes, kennt keinerlei Arbeitsabläufe, hat nur klägliches theoretisches Wissen über den Arbeitsschutz, kann in der Theorie gerade mal erahnen, wie eine Videoüberwachungsanlage aussieht, oder was es für Veranstaltungsbereiche gibt, ist aber vom Gesetzgeber dazu qualifiziert, jegliche Tätigkeiten im Bewachungsgewerbe auszuführen.

Überprüfung Ordnungsbehörden

Gehen wir noch einen Schritt weiter. Der frisch qualifizierte Sicherheitsmitarbeiter bewirbt sich bei einem Sicherheitsunternehmen und wird eingestellt. Jede Sicherheitsfirma ist verpflichtet, Sicherheitsmitarbeiter im Bewacherregister zu melden. Die jeweilige Ordnungsbehörde prüft die Zuverlässigkeit des Mitarbeiters. Die Behörde kann aufgrund von Gesetzesverstößen den Mitarbeiter (aus nur ihnen ersichtlichen Verstößen) ablehnen. Die Entscheidung über die Zukunft dieses Mitarbeiters wird oftmals über das Bewacherregister unter „abgelehnt“ oder dem Unternehmen telefonisch mitgeteilt. Die Gründe für eine Ablehnung können aus Datenschutzsicht natürlich nicht kommuniziert werden. Sollte jemand nun denken, dass wenigstens eine schriftliche Ablehnung ohne Angabe eines Grundes an den Sicherheitsdienst erfolgt, der täuscht sich.

Dem ambitioniertem Sicherheitsmitarbeiter nun mitzuteilen, dass er im Bewachungsgewerbe vorerst nicht arbeiten wird, ohne Angabe eines Grundes, bleibt dem Sicherheitsunternehmen überlassen. Warum er sich die Mühe gemacht hat, die Prüfung zu absolvieren und die Investition von mindestens 150,00 Euro in seine Zukunft getätigt hat, bleibt wohl offen. Naja, wenigstens hat das Handelskammerunternehmen von dieser Investition profitiert.

Wie sinnvoll ist die Sachkundeprüfung nach § 34a der Gewerbeordnung?

An dieser Stelle müssen wir uns die Frage stellen: Wie sinnvoll ist die Sachkundeprüfung nach § 34a der Gewerbeordnung? Wie sinnvoll ist das System?

Unsere Ordnungsämter und Genehmigungsbehörden gehen bei sachkundigem Personal von einem gewissen Qualitätsstandard und Erfahrung in der Praxis aus. Aufgrund dieser Fehleinschätzung, fordern sie auf diversen Veranstaltungen von dem Sicherheitsunternehmen den Einsatz von nur sachkundigem Sicherheitspersonal. Sollte die besagte Qualifikation nicht bei allen Mitarbeitern vorhanden sein, ist dies durchaus ein Grund die Veranstaltung nicht zu genehmigen. Für die Behörden ist es völlig irrelevant, um welche Bereiche und Positionen es sich dabei handelt. Wir finden zwar auf Veranstaltungen fast nur Positionen und Tätigkeiten, die nicht Sachkunde relevant sind (laut § 34a der Gewerbeordnung), dies wird jedoch nicht berücksichtigt.

Das dies nicht im Sinne der Sicherheit und des § 34a der Gewerbeordnung ist, wird nicht bedacht. Die fehlerhafte Vorgehensweise der Behörden resultiert leider auch aus den wenigen Alternativen, die ihnen zur Verfügung stehen. Woran sonst sollten sie einen gewissen Qualitätsstandard festmachen und vor allem die Sicherheitsdienste kontrollieren können und dürfen. Gerade in Bezug auf den Veranstaltungsschutz ist die Sachkundeprüfung und die damit verbundene Vorgehensweise wenig hilfreich.

Nehmen wir als Beispiel den Veranstaltungstyp Festival. Ein Festival hat verschiedene Veranstaltungsbereiche, den Parkplatz, den Campingplatz, den Einlass, das Infield, die Bühne und den Backstage. Jeder dieser Bereiche hat verschiedene Positionen mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Aufgaben. Die Mitarbeiter werden an Notausgangspositionen, als Streifen, zur Zugangskontrolle in den Backstage, als Parkplatzeinweiser, am FOH oder im
Bühnengraben eingesetzt. Nicht zu vergessen, dass die meisten Festivals im Freien stattfinden und die Mitarbeiter allen Wetterverhältnissen ausgesetzt sind. Mit der Dienstkleidung eines Pförtners, wird der Mitarbeiter vor Ort nicht glücklich werden. Ganz davon abgesehen, dass die Begriffe FOH und Bühnengraben bekannt sein sollten. Nichts von dem genannten, wird in der Sachkunde auch nur annähernd thematisiert oder geprüft. Die Veranstaltungssicherheit ist eines der Themen, die bei der Prüfung komplett ignoriert werden.

Lösungsansätze

Gerade für den Veranstaltungsbereich gibt es eine sehr gute Lösung. „Event Security“ ist das Handbuch für den Veranstaltungsschutz. In diesem Fachbuch werden alle Veranstaltungsbereiche im Detail erläutert und einzeln dargestellt. Die Aufgaben in den verschiedenen Bereichen und die Positionen werden erklärt und verständlich dargestellt. Es vermittelt praktische Informationen und hilft typische Fehler zu vermeiden. Unter Anderem werden wichtige Themen wie Kommunikation, Deeskalation und Recht behandelt. Oftmals unterschätzte Themen wie Dienstkleidung der Mitarbeiter und Begriffe aus der Veranstaltungswelt werden ebenfalls thematisiert. Dieses Fachbuch ist für den einzelnen Mitarbeiter und vor allem als Schulungsmaterial sehr empfehlenswert. Es schafft insgesamt eine gute Verbindung zwischen der Theorie und der Praxis.

Im Allgemeinen wird oft davon ausgegangen, dass es auf die Qualifikation (die auf dem Papier zwar nachweisbar ist, jedoch kein Qualitätsmerkmal sein muss) des einzelnen Mitarbeiters ankommt. Dies spiegelt auch die Vorgehensweise der Behörden wieder. Die Sachkundeprüfung befasst sich grundlegend mit Themen, die jedoch für den einzelnen Mitarbeiter in der Praxis irrelevant und oftmals nicht hilfreich sind. Die Lösung dieser Problematik ist die Wahl des richtigen Sicherheitsunternehmens. Ein Unternehmen, welches in den Führungspositionen sehr gut ausgebildet ist und Erfahrung in den jeweiligen Sicherheitsbereichen vorweisen kann. Ein Sicherheitsdienst, der seine Mitarbeiter und Einsatzleiter nicht nur extern, sondern auch intern weiterbildet. Die Kompetenz und Führung, die Weitergabe von Informationen und Wissen, sowie Erfahrungen zu teilen, dass ist das Ziel und der Erfolg Sicherheit zu erschaffen. In der Vergangenheit hat es schon Forschungsprojekte zum Thema Fortbildungen von Einsatzleitungen gegeben, leider bisher ohne verwertbare Ergebnisse.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Sachkundeprüfung § 34a der Gewerbeordnung nur bedingt sinnvoll ist und sein kann. Sie umfasst Themen, die für den einzelnen Mitarbeiter im operativen Einsatz oftmals irrelevant und wenig hilfreich sind. Einige Sicherheitsbereiche werden nicht thematisierst oder geprüft. Abschließend ist festzuhalten, dass die abgelegte Prüfung grundlegend kein Qualitätsmerkmal ist und wir an ihr keinen Qualitätsstandard für das gesamte Sicherheitsgewerbe festmachen können. Die Vorgehensweise der Genehmigungsbehörden, nur sachkundiges Personal hinsichtlich Veranstaltungen zu fordern, ist wenig sinnvoll und dient nicht der Sicherheit der jeweiligen Veranstaltung. Durch die Sachkundeprüfung wird eine gefährliche und trügerische Sicherheit erzeugt.

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